Thomas Mann an Kuno Fiedler
- Zeitraum
- Donnerstag, 5. Februar 1948
- Datierung
- 5.2.1948
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Dankt für F.s Brief vom 25. Januar und für »die kritische Mühe«, die er auf den ›Doktor Faustus‹ verwandt hat. Wartet die Besprechung in der ›Volksstimme‹ nicht ab, verteidigt den Roman gegen Einwände, die er bei F. vermutet. Die prodeutschen Tendenzen, die auch ein jüdischer Kritiker in den USA festgestellt hat, muss er zugeben, »so ist es nun einmal, und diese Gefahr muß mit so vielen anderen des aufgewühlten und vielschichtigen Werkes in Kauf genommen werden«. Es sei das seelische Bild der Epoche, ein Lebensbuch »von fast wilder Direktheit«, eine biographische Wirklichkeit, »eine sehr unheimliche Wirklichkeit, wie eben das geradezu Menschliche unheimlich ist«. Daher komme auch die Faszination, von der F. spreche. Erläutert den Unterschied zum ›Faust‹ Goethes, spricht von dem Nietzsche-Schicksal, das dem Buch zugrunde liege: »Das Sündenbewußtsein und das vom Teufel Geholt werden ist in Parallele gestellt zum deutschen Rausch und zum deutschen Kollaps, und das ist es, was Sie ärgert […]«. Erklärt den Titel von F.s neuer Buchkonzeption ›Kritik der reinen Unvernunft‹ für »bewundernswert«. Es sei genau das Buch, das heute geschrieben werden müsse.
