Thomas Mann an Hermann Lange
- Zeitraum
- Donnerstag, 26. Februar 1948
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Wünscht L., dass er für seine Absicht, Gontscharows ›Oblomow‹ ins Deutsche zu übersetzen, von seinem Verleger den Auftrag erhalte. Erzählt von seiner Vorliebe für die russische Literatur, die er im ›Tonio Kröger‹ »die heilige russische Literatur« genannt habe. Ohne die Tolstoi-Lektüre seien die ›Buddenbrooks‹ nicht zustande gekommen, während der ›Zauberberg‹-Niederschrift habe er Gontscharows Romane gelesen. Bedauert, dass er wegen fehlender russischer Sprachkenntnisse Puschkins Lyrik nicht habe lesen können, aber er kenne dessen Erzählungen. Macht L. besonders auf Nikolai Leskow aufmerksam, der ein Dostojewski ebenbürtiger Erzähler sei. Spuren Maxim Gorkis seien in seinem ›Goethe und Tolstoi‹ zu finden. Über Tolstoi und Dostojewski habe er sich verschiedentlich geäußert. Die in vielen Ländern spürbare Gereiztheit gegen Russland, die sich aus den machtpolitischen Verhältnissen erkläre, sei menschlich nicht gerechtfertigt; von seinen Begegnungen mit Russen habe er stets die angenehmsten Eindrücke gehabt.
