Thomas Mann an Viktor Mann
- Zeitraum
- Mittwoch, 26. Januar 1949
- Datierung
- 26.1.1949
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Versichert seinem Bruder, der aus einem Brief an ihn herausgelesen haben will, seine Briefe seien zu wortreich, dass in dessen Mitteilungen kein überflüssiges Wort gestanden habe. Freilich müsse er oft über die 6-8 Seiten langen Briefe seufzen, die den Eindruck erweckten, dass die Deutschen alle furchtbar viel Zeit hätten. Berichtigt Viktors Eindruck von seiner herrlichen Wohnung, wie er sie auf den Bildern sehe. »Lieber Gott, nein, es ist ein ganz einfaches, nur gerade praktisches Landhaus, leicht gebaut, wie es hier die Art ist, und nach nördlichen Begriffen eher ein Zelt. Interieurs erfahren durch die Photographie immer eine gewisse Verklärung [...] und auch mit unserer großbürgerlichen Aufmachung im Herzogpark kann man die hiesige nicht vergleichen.« Über deutsche Zeitschriften: das ›Prisma‹ habe durch einen Wettbewerb den Titel »Glanz« erhalten: »[es] hat etwas so Dumm-Unzeitgemäßes, dass man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll«. Die von Johannes R. Becher und Paul Wiegler gegründete Zeitschrift sollte ›Maß und Wert‹ heißen, was er ihnen verboten habe. Sie heiße jetzt ›Sinn und Form‹ und sehe sehr gut aus. Zur Denazifizierung Papens, der als bloßer Mitläufer unter Freigabe seiner Schlösser und Millionen eingestuft sei: dies sei mit Hilfe der Amerikaner, des Vatikans und der westlichen Industrie erfolgt: »Es schreit zum Himmel und überhaupt ist die Welt so voller bösen Willens, dass man nicht sieht, wie es anders ausgehen soll als in Krieg und Apokalypse.«
