Thomas Mann an Kuno Fiedler
- Zeitraum
- Montag, 7. Februar 1949
- Datierung
- 7.2.1949
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Dankt für F.’s »gut zu lesende Bücherbesprechungen« und den freundlichen Hinweis auf die zweibändige Neuausgabe des 'Joseph‹-Romans in der St. Gallener ›Volksstimme‹. Wenn er darin blättere, komme es ihm besonders absurd vor, dass man ihn für einen olympisch feierlichen Autor halte, »pompous« und philosophisch anspruchsvoll, während ihm eigentlich »zu drückender Zeit ... etwas recht Gutgelauntes und Human-Unterhaltendes erwachsen« sei. Schämt sich etwas der Aufzeichnungen über die Entstehung des ›Doktor Faustus‹, weil andere schon Besseres über das Buch gesagt haben, wie z.B. Anni Carlsson in ihrem Aufsatz, die die religiösen Einschläge hervorkehre und finde, »daß, wenn auch von der Religion eigentlich nur der Teufel, ›der große religiosus‹, übrig bleibe, das Los des Höllensohnes doch auffallend dem des Opferlammes gleiche, 'das der Welt Sünde trägt‹«. Damit stimme überein, daß, als er sich endlich entschloß, dem Adrian Leverkühn ein Gesicht zu geben, ein Ecce homo-Gesicht daraus geworden sei. F. habe das religiöse Moment in dem Buche ja nie recht anerkannt. Rät F., sein Buch, das bisher nicht erscheinen konnte, durch einige »elende Konzessionen und Striche« publikationsreif zu machen. Möchte ihn in Flims oder Zürich wiedersehen, sobald sie in die Schweiz kommen.
