Thomas Mann an Hans Reisiger

Zeitraum
Donnerstag, 8. September 1949
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Ist erfreut über R.’s Grüße – man werde so viel begeifert, weil man nun mal gezwungen sei, »die Dummheit zu ärgern«. – Hofft, dass sich R.’s Augenentzündung gebessert hat. – Freut sich, dass R. sein »kristlich Mittelalter Spaß gemacht hat«. Ärgert sich über die zahlreichen Druckfehler in den deutschen Ausgaben, die sich trotz seiner Fehlerlisten von Druck zu Druck fortsetzen. – Über die Gründung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung: dass die Deutschen auf ihre Sprache aufmerksam gemacht würden, sei recht. Aber »die Bemannung« sei etwas »klaterig«. Reisiger, R.A. Schröder und selbst Jünger lasse er gelten, aber dann kämen gleich Südkind und Kölwel »et hos genus«. – Seine Botschaft zu Goethes 200. Geburtstag an die Stadt Frankfurt am Main, an die ihn Oberbürgermeister Walter Kolb mehrmals erinnert hatte, sei wegen ungenügender Frankierung zwei Tage von der Post zurückgehalten worden und zu spät eingetroffen, womit er Kolb gekränkt habe. – Die politische Entwicklung in Deutschland gehe rapid in der Richtung Renazifikation, in zwei Jahren werde man ein faschistisches Westdeutschland haben. Seinen Besuch habe er anscheinend »in the very last moment« gemacht – »und es war ja auch schon eine Menge Kriminalpolizei dabei nötig«. Aber auch in Amerika sei die Demokratie nur noch ein Schatten. »Die erste ernstere Wirtschaftskrise bläst sie um.« – Las ein gescheites Buch zur Lage: ›Target You‹ von Leland Stowe. Vor dem Schlafengehen lese er wieder einmal den alten Fontane: ›Poggenpuhls‹ habe er beendet und habe nun – »zum wievielten Mal!« – ›Effi Briest‹ angefangen. Er stehe zu allem, was er als junger Mann in Hardens ›Zukunft‹ darüber gesagt habe.

Erwähnungen

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