Thomas Mann an Kuno Fiedler
- Zeitraum
- Samstag, 7. Oktober 1950
- Datierung
- 7.10.1950
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
F.’s Brief, der ihm seine Rekonvaleszenz anzeigt, hat ihn sehr erfreut. Gratuliert herzlich »zu dem Siege Ihrer Natur über diese schwere Anfechtung«. Wünscht ihm nach so viel Jahren rauhen Hirtendienstes in dem hochgelegenen Tale die Befreiung vom Amt und ein Otium in sanfteren Zonen, wo er ein schönes Buch schreiben könne, »auf meinen Stufen der Erkenntnis«. Frau Katja, »viel-tätig«, leide noch an den Folgen der Operation, und Erika mache ihm Sorgen wegen ihres Nervenzustandes. Wegen ihres Non-Conformismus sei sie jetzt in Amerika zur Untätigkeit verurteilt. Er schreibe »zu meiner Zerstreuung die Geschichte vom heiligen Papst Gregorius. Die fromme Geschichte ist aber komisch, und Komik erscheint mir mehr und mehr als das Beste auf der Welt, erlabend, entlastend, ein wahrer Segen.« Sie sei noch etwas anderes als »Humor«, stehe der Verzweiflung nahe, »eine zwerchfellerschütternde Form des Nihilismus, aber human irgendwie dabei, kommt mir vor«. Aber das müsse F. als Philosoph besser wissen.
