Thomas Mann an Karl Sonntag
- Zeitraum
- Donnerstag, 29. November 1917
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Bedauert, dass seine Schriften auf S. und seine Mitschüler einen »verstörenden« Eindruck gemacht haben. Er ist sich »bei solcher Gelegenheit der großen Verantwortung seines Berufes in sozialer Hinsicht bewußt«. Keinesfalls mache er sich über seine Leser lustig; aus Zuschriften habe er immer wieder erkennen können, dass seine Arbeiten »Menschen leben geholfen haben und zwar kraft irgend einer gewissen Moralität, eines freilich ursprünglich nicht sozial gerichteten Ethos, das offenbar aus ihnen wirkt«. Auch jene rückwärts gerichtete Ironie der Selbstbezweiflung bedeute eine sittliche Äußerungsformel; die Schlussergebnisse des ›Tod in Venedig‹ seien wohl das letzte Wort innerhalb einer Komposition, aber nicht das letzte Wort überhaupt. Wenn S. sich im ›Tonio Kröger‹ wiedererkannt hätte, »mußte das notwendig niederschlagend auf Sie wirken? Hätte es Sie nicht ebensogut trösten können?«
