Thomas Mann an Agnes E. Meyer
- Zeitraum
- Freitag, 7. November 1952
- Datierung
- 7.11.1952
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Hat das »lebhafte Gefühl«, ihr Nachricht schuldig zu sein. Der europäische Aufenthalt werde sich noch eine Weile hinziehen. Mit zunehmenden Jahren habe sich das Bedürfnis in ihm verstärkt, »mit der alten Erde, in der ich doch schließlich meine Wurzeln habe, wieder engeren Kontakt zu nehmen«. Da das Hin- und Herreisen zu mühselig und kostspielig sei, hätten seine Frau und er sich entschlossen, in Erlenbach-Zürich ein kleines Haus zu mieten, das sie im Dezember beziehen wollen. Bis dahin werde er seine Vortragstätigkeit in Deutschland und Österreich absolviert haben. Die Lesung in den Kammerspielen in München sei ein unerwarteter Erfolg gewesen. Muss morgen zur Theater-Festwoche nach Frankfurt am Main fahren, wo er zu Gerhart Hauptmanns 90. Geburtstag die Festrede halten werde. Wird noch im November in Wien einen neuntägigen Aufenthalt nehmen, der »munter« zu werden droht. »Poor old Europe« zeigte sich sehr empfänglich für seine Wiederkehr, die aber wahrhaftig keine Abkehr von Amerika bedeuten soll, dem Lande, dem er soviel Gutes und Freundliches verdanke. Sie würden zwar ihr kalifornisches Haus verkaufen, aber er wünsche nicht, dass der Eindruck entstehe, er wolle Amerika den Rücken kehren. »Bitte, helfen auch Sie, wenn es nötig sein sollte, diesen Eindruck hintanzuhalten.« Er bleibe amerikanischer Staatsbürger; mit Spannung habe er den Präsidenten-Wahlkampf verfolgt und freue sich, dass die »Grand Old Party« [die Republikaner] diesmal nicht unterlegen sei. Jetzt würden »die McCarthy« weniger gefährlich sein, als sie es im anderen Fall gewesen wären.
