Thomas Mann an Harald Kohtz
- Zeitraum
- Dienstag, 6. Januar 1953
- Datierung
- 6.1.1953
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Nimmt ausführlich Stellung zu K.s Dissertation über das Problem der Dekadenz in seinem Werk: Ist der Meinung, dass man den speziellen kritischen Gesichtspunkt, unter dem sie geschrieben sei und der ihr den Titel gebe, nicht den glücklichsten nennen könne. »Aber er hat seine Berechtigung so gut wie das streng sozial-ethische Kriterium, das die Schrift durchwaltet, und das sich rührender Weise alle Augenblicke duldsam lockert, um die individualistische Sündhaftigkeit des Bürgers aus dem 19. Jahrhundert aus künstlerischer Sympathie zu – fast hätte ich gesagt: zu beschönigen.« Hebt den Abschnitt über den ›Doktor Faustus‹ hervor, der als der beste Versuch gelte, wogegen derjenige über ›Fiorenza‹ völlig verzeichnet sei – »schon mit der Annahme, ich sei darin auf der Seite Lorenzos, der ›Schönheit‹ und des ›Lebens‹ gewesen. Ich stand im Protest gegen das fidele Münchener Karnevalisten-Künstlertum, das mich umgab, und sympathisierte mit dem kritischen, ja vernichtenden *Geist*«. Weist homosexuelle Verhältnisse zwischen Kai und Hanno zurück, in ›Königliche Hoheit‹ sei nirgends an solche Verhältnisse gedacht und die »Herabkunft des himmlischen Kindes Echo« hätte K. auch aufs zarteste nicht damit »schimpfieren« dürfen.
