Thomas Mann an Theodor W. Adorno

Zeitraum
Montag, 8. März 1954
Datierung
8.3.1954
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Nahm A.s »schönen, bedeutenden Brief« anlässlich der ›Betrogenen‹ mit nach Italien, wo er ihn mehrmals las. Schätzt A.s intellektuelle Anteilnahme »an diesem recht albern ›umstrittenen‹ Produkt, dessen Verfehltheit doch nur seinem Dasein selbst zuzuschreiben ist; denn wenn es da ist, muß es sein, wie es ist«. Ihm scheint, dass mehr an der Stilisierung als an dem »peinlichen« Gegenstand Anstoß genommen werde. Aber dieser »krasse Fall von Natur-Dämonie« hätte nur im Stil der klassischen Novelle vorrealistisch erzählt werden können. Ist immer wieder fasziniert von A.s »unglaublich hochgezüchtetem kritischen Stil«. Mehreres von A. habe er in Zeitschriften gelesen, besonders die Arbeit über Kafka. Berichtet von der gegenwärtigen Lektüre: dem Buch der Yourcenar; dem 1. Band der Nietzsche-Biographie von R. Blunck; von Becketts ›En attendant Godot‹, was ihn »höchlichst« amüsierte. – Über Deutschland, dessen »Lebensfreude und unglaubliche Urständ mich immer wieder zum Lachen bringen«. Der ›Doktor Faustus‹ scheint ihm »veraltet, überholt, widerlegt«, wenn man ihn als Allegorie für »Deutschland« nimmt. – Erzählt vom Aufenthalt in Italien mit vier Wochen Regenwetter, was ihm eine fiebrige Bronchitis einbrachte. Hat sich jetzt in Kilchberg angekauft, ein recht passendes Haus mit einem guten Arbeitszimmer und viel Platz für die Bibliothek. Die »endgültig letzte Adresse«, wie er hofft.

Erwähnungen

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