Thomas Mann an Konstantin Prinz von Bayern
- Zeitraum
- Montag, 18. Oktober 1954
- Datierung
- 18.10.1954
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Äußert sich zur Frage der Größe eines Menschen im Ansehen seiner Welt. Es gibt viele Beispiele über das Verblassen und Vergehen großer Namen in wenigen Jahrzehnten, ja sogar in wenigen Jahren. »Dauernden Namen und großen Ruhm kann nur die Nachwelt verleihen – und wie oft verweigert sie ihn mit fest geschlossenen Lippen.« Oft fällt gleich nach dem Tode ein Name der Vergessenheit anheim. Ausnahme: Hugo von Hofmannsthal. Als er starb, »war es ein ganz eigenartiger Choc; ein durchdringend feierlicher Schmerz für uns alle, und Schnitzler sprach das denkwürdige Wort [...]: 'Wir erleben die Geburt einer Unsterblichkeit.'« Für keinen großen Namen von heute wolle er die Hand ins Feuer legen, vielleicht für Albert Schweitzer und Albert Einstein. Unter Dichtern und Schriftstellern wagt er keinen vor dem Tod glücklich zu preisen, vor allem nicht sich selbst. Größe sieht er in verewigter Vergangenheit. Shakespeare, Goethe, Schiller, Balzac, Dostojewski, Tolstoi, Wagner mit Einwänden, Schopenhauer, Nietzsche, Ibsen, Björnson waren groß, und vielleicht auch Proust.
