Thomas Mann an unbekannt [vermutlich Klaus Pringsheim]
- Zeitraum
- Dienstag, 3. Juli 1923
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Bezeichnet den Film als eine ungeheure demokratische Macht und erkennt ihr künstlerisch-geistige Möglichkeiten zu, meint jedoch nicht, je daran produktiv werden zu können. Ihn freue weniger das Filmdrama als »das herangeholte Leben, die Vergegenwärtigung des Fernen: Der Vicekönig von Indien bei der Hochzeit eines Radscha, ein Eingeborenendorf in Neumecklenburg, das Einfangen wilder Elefanten, Samojeden in Renntierschlitten, russische Pilger zu Hebron anbetend, eine Bastonade in Persien«. Gefilmte Operationen, die ihm neulich in Madrid vorgeführt wurden, haben einen gewaltigen Eindruck auf ihn gemacht. »Man sah jeden Handgriff bei der Exstirpation eines Gehirnteiles, eines Blinddarms, die künstliche Herstellung einer Darmverschlingung bei einer Leiche. Glanzvoll! Laßt mich die Blinddarmherausnahme noch einmal gesehen haben, und ich mache sie selbst.« Äußert sich distanziert zu der Verfilmung der ›Buddenbrooks‹: »da ich ja das packende Kaufmannsdrama kenne, das sich zwischen den Figuren meines Romans abspielen wird, […] so bin ich von Herzen neugierig, […] das fremd-vertraute sich Schauspiel abhaspeln zu sehen.« [Der Brief, der weder Anrede noch Unterschrift enthält, war vermutlich von Klaus Pringsheim im Hinblick auf eine Veröffentlichung in ›Montag Morgen‹ angefordert worden; s. Brief an Klaus Pringsheim vom 22.9.1923 / Reg. 23/73a].
