Thomas Mann an André Gide

Wusste mit Kummer von G.s Krankheit und »mit Rührung von Ihrer unermüdlichen Hilfstätigkeit zu Gunsten der Gefährdeten und Gehetzten«. Auch ihm ist es »mit Hilfe unseres privaten Rescue Committee« gelungen, »zu lindern und zu bessern«. Hofft, auch für G.s Schützlinge etwas erreichen zu können. Bedankt sich für G.s großherziges Urteil über seine letzten Arbeiten; es sei ihm besonders lieb, dass G. den »ägyptischen Joseph« an Ort und Stelle gelesen hat. Die Übersetzung sei wohl sehr akzeptabel und auch die der ›Lotte‹ war beendet »und der Roman stand vor dem Erscheinen in der ›Nouvelle Revue Française‹, bevor er als Buch herauskommen sollte […] Passons«. Es sei ihm bewusst, dass die Lotte zu einer seiner Hauptarbeiten herangewachsen ist, »so weit eben meine Grenzen reichen«, und G. polemisere sozusagen gegen gewisse Kritiken in den USA, die das Buch als ein leichtes charakterisiert hätten, mit dem er sich und seinen Lesern einen unterhaltsamen Spaß gemacht hätte. Das habe dem Buch praktisch eher zum Vorteil gereicht und es möge auch etwas Wahres daran sein: »Ich war nie so nah daran, eine Komödie zu schreiben, als diesmal, lenkte aber dann doch mit Notwendigkeit ins gewohnte epische Geleise ein.« Fragt nach dem neuen Band von Gides ›Œuvres Complètes‹, deren bisherige fünfzehnbändige Ausgabe zu den Haupt- und Lieblingsstücken seiner Bibliothek gehören. Hat im vergangenen Sommer die Bekanntschaft Kaliforniens gemacht und war »von der Landschaft, dem unvergleichlichen Klima, der so viel leichteren und wohligeren Lebensform« so angetan, dass er nahe von Santa Monica ein Grundstück erworben hat und im Sommer dort zu bauen gedenke. Sein Bruder Heinrich »ist uns schon nach dem Westen vorausgegangen«. Fragt, ob G. auch Reisepläne habe und er behilflich sein könne. Die »Landung eines großen Teiles der europäischen Intelligenz an dieser Küste ist ein sehr merkwürdiges, für das Zusammenwachsen der Welt kennzeichnendes Ereignis, und es würde gekrönt werden durch einen etwaigen Entschluß Ihrerseits«.