Thomas Mann an Carl Helbling
- Zeitraum
- Samstag, 14. Mai 1921
- Datierung
- 14.5.1921
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Freut sich sehr darüber, dass eine Veröffentlichung von H.s Arbeit gesichert ist. Die Schrift liegt ihm besonders am Herzen, soweit er den Inhalt bisher kenne. »Wer seinen Begriff der Kritik auf Nietzsche’s passionierte Wagner-Verreißungen zurückleitet, empfindet Kritik ohne Liebe überhaupt nicht als höhere Kritik, aber Liebe ohne Kritik ganz einfach als Simpelei, – auch in dem Falle, daß – und gerade in diesem Fall!« Durch eine Kritik, wie H. sie übe, könne man sich nicht vom Gegenstand loslösen. »Was aber die Resignation betrifft, so ist das in meinem Falle keine ganz kopfhängerische Lebensstimmung. Ich kenne meine Situation genau – eine Situation wohl übrigens, die um 45 mit ziemlicher Unausbleiblichkeit sich einstellt.« H.s Brief habe ihm gezeigt, dass er keinen Grund habe, sich zu beklagen, zumal er »seit Jahr und Tag nicht ohne Erschütterung die ursprünglich ungeahnte Großartigkeit, Schönheit und Macht schriftstellerischer Wirkung, einer menschenbildenden, lebensprägenden Wirkung, empfinden lernen durfte«.
