Thomas Mann an Joseph Chapiro

Zeitraum
Freitag, 24. März 1922
Datierung
24.3.1922
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Ist empört über die französische Ruhrbesetzung und die offenbare Absicht Frankreichs, Deutschland auszusaugen und schließlich zu einem französischen Protektorat zu machen. – Hat in Berlin Ch.s Artikel über sein Europäertum gelesen und dankt ihm dafür. – Erfuhr sehr freundliche Eindrücke in der Berliner russischen Kolonie, wo er zugunsten deren Hilfskomitees las und eine Anzahl russischer Schriftsteller kennenlernte. Nikolai Minsky war erkrankt und hatte die Grußworte durch seine russische Übersetzerin Wengerowa vorlesen lassen. – Dankt Ch. für Maxim Gorkis ›Aufsätze‹ mit der freundlichen Widmung des Übersetzers; setzt sich eingehend mit Gorkis Begriff der Bourgeoisie auseinander, der als Sozialist nur zwei Welten kenne, die der sozialen Ethik und der religiösen Askese, aber nicht die mittlere, die »eigentlich und in höherem Sinne bürgerliche und deutsche, die Welt der *Humanität*, in der das Individuelle und Soziale, das Aristokratische und das Demokratische keinen notwendigen Gegensatz mehr bilden, sondern in der das eine aus dem anderen organisch wächst«. Diesen Begriff der Humanität mit Leben zu erfüllen, erscheine ihm zur Zeit die wichtigste Aufgabe des deutschen Geistes zu sein.

Erwähnungen

Hinweis: der Eintrag befindet sich in Prüfung. Haben Sie Korrekturen oder Ergänzungsvorschläge?