Thomas Mann an Philipp Witkop
- Zeitraum
- Donnerstag, 29. Dezember 1927
- Datierung
- 29.12.1927
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Antwortet auf W.s Frage, ob sich die Universität München der Parallel-Aktion für die Kandidatur Thomas Manns für den Nobelpreis anschließen werde: der derzeitige Münchner Rektor sei »ein nationalistischer Nationalökonom und vollständiger Banause«. Im übrigen gehe ihn die Sache nichts an; er sei nur denjenigen dankbar, die sich für ihn als Kandidaten einsetzten. Der Preis habe seit der Verleihung an die »gute Novellen-Tante« Grazia Deledda seinen triumphalen Glanz verloren; besonders auch, wenn er bedenke, wer ihn nicht bekommen habe. Will nicht leugnen, dass ihn die internationale Bestätigung erfreuen würde, aber als Kandidat sei er allmählich ziemlich abgenutzt, da es auch in diesem Jahr an einem Haar gehangen habe. Der ›Zauberberg‹ habe in Schweden nicht gefallen, außerdem habe er dort einen einflussreichen literaturkritischen Gegner, Professor Böök, allerdings auch Freunde. Menschlich würde er es begrüßen, wenn Ricarda Huch den Preis erhielte, »denn sie lebt in Dürftigkeit und ist schließlich eine bedeutende Frau«. Ihre europäische Stellung sei allerdings nicht die, die sie eigentlich zum Empfang des Preises qualifiziere.
