Thomas Mann an Europa Verlag, Zürich
- Zeitraum
- Samstag, 4. März 1933
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Liest die Aushängebogen von Wilhelm Herzogs »Fall Dreyfus« mit einer Erschütterung, die ihm seine deutsch-bürgerlich-unpolitische Jugend nicht bereitet hätte. Glaubt, dass er stellvertretend für viele Deutsche, die den gleichen Weg wie er gegangen seien, das Gefühl habe: »Tua res agitur«. Das heiße, dass es die Sache seines Volkes und seines Gewissens sei. Dass der Verfasser in dem Dreyfus-Drama die heutigen Verhältnisse Deutschlands symbolisch habe widerspiegeln lassen, sei offensichtlich; ganze Abschnitte aus den Kampfartikeln Zolas wirkten schlagend aktuell. Solche Ausrufe seien heute unmöglich. Sie waren es nicht im Deutschland seiner Jugend aus bürgerlich-geistigen Gründen; sie seien es heute nicht, »weil die Gewalt das Wort erstickt«. Die scheußliche Moral der Unterdrückung werde fühlbar beim Lesen dieses Buches. Es könne uns Deutsche wieder lehren, was Freiheit ist.
