Thomas Mann an Louise Servicen

Dankt für ihren Brief, mit dem sie gleichzeitig den Scheck zurückschickt [s. Brief an Louise Servicen vom 2.1.1939 / Reg. 39/9]. »Ich wünschte Ihnen zu beweisen, daß ich unsere damaligen Abmachungen nicht vergessen hatte, auch bin ich nach wie vor der Meinung, daß Ihre außerordentlichen Mittlerleistungen doch wenigstens ein einigermaßen zulängliches materielles Äquivalent verdienten.« – Wundert sich angesichts des »an direkteren Sensationen überreichen Charakters dieser Zeit« nicht, dass literarische Erzeugnisse gegen sie nicht bestehen können und dass noch keine Besprechungen des dritten Joseph vorliegen. Ist davon überzeugt, dass seine Arbeit in Frankreich noch kritische Würdigung finden wird. – Bedauert auch, dass sich die Veröffentlichung seines kleinen politischen Buches in die Länge zieht. Die Situationen wechselten so schnell, und der rechte Augenblick sei fast schon vorüber. – Erhielt neulich Georges Duhamels Band seiner politischen Aufsätze und stellte fest, dass sie sich mit den seinen in mehr als einem Punkt berührten. – Die französische Übersetzung des ›Manifestes‹ habe nur ablehnende französische Stimmen gebracht, so dass er sich jetzt von dem ganzen Unternehmen zurückgezogen habe. – Dankt für ihren Bericht über den Abend in der ›Salle des Sociétés Savantes‹. Die Äußerung Louis Aragons habe ihm »wohlgetan«. Stimmt mit ihr überein, dass der Abdruck des ›Cuzzle-Kapitels‹ in der ›Commune‹ nicht sehr glücklich sei. Das Riemer-Kapitel hätte die ›Lotte in Weimar‹ besser repräsentiert, sei aber wohl für die Zeitschrift zu lang. Wird bald ein neues Kapitel schicken, »einen inneren Monolog des alten Goethe, seine Gedankengänge am Morgen […] Es ist eine Kette mehr oder weniger zufälliger Assoziationen, die schwer zu schmieden ist, ein skizzenhafter Abriß des ganzen Goetheschen Kosmos, für den die sprachliche Form nicht leicht zu finden war, und der den Übersetzern eine harte Nuß zu knacken gibt.« Über seine Vortragstournee, wird erst Mitte April wieder zu Hause sein. Hofft auf eine Begegnung mit ihr, wenn er den Sommer in Europa verbringen werde.