Thomas Mann an Peter Flesch, International House, Chicago, IL
- Zeitraum
- Donnerstag, 26. Juni 1941
- Datierung
- 26.6.1941
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Hat sich sehr über F.s Mitteilung gefreut, dass er nach Statistik der ungarischen Volksbibliotheken zu den meistgelesenen deutschen Schriftstellern im Jahr 1940 zähle. Er habe immer ein glückliches Verhältnis zu Ungarn und zu seiner Hauptstadt gehabt, »mit deren Publikum ich wiederholt herzliche Begegnungen hatte«. Auch war es ihm besonders wertvoll, unter den ungarischen Schriftstellern und Dichtern Freunde seiner Arbeiten zu besitzen; das ihm gewidmete Gedicht des früh verstorbenen Attila József sei ihm »unvergeßlich und ein innerer Schatz«. – Zu der Frage, ob in der Figur des Cipolla in ›Mario und der Zauberer‹ einfach eine Maskierung Mussolinis zu sehen sei, bemerkt er, dies ginge zu weit. Sicher hatte die Novelle einen moralisch-politischen Sinn. Die Atmosphäre des heraufziehenden Faschismus lernte er bei einem Urlaubsaufenthalt in Italien kennen. »Die Tendenz der Novelle gegen menschliche Entwürdigung und Willenszwang ist denn auch in der vorhitlerisch, nationalistisch-fascistischen Sphäre Deutschlands klar genug empfunden worden« und wurde in diesen Kreisen abgelehnt. In ihrer Gesamtheit ist die Novelle aber als Kunstwerk zu betrachten, nicht als »tagespolitische Allegorie«.
