Thomas Mann an Harry A. Jung, American Vigilant Intelligence Federation, Chicago

Zeitraum
Samstag, 10. Juli 1943
Datierung
10.7.1943
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Hat J.’s Brief aufmerksam gelesen und erkennt an, dass er ihn nicht anonym verfaßt hat, so dass er ihm antworten kann. J. nehme Anstoß an seiner Kritik der amerikanischen Immigrations-Gesetzgebung, die er in seiner Rede ›The Fall of the European Jews‹ auf der Massenversammlung in San Francisco geübt habe. – Diese wenigen Sätze besagten nicht viel, wenn man sie z.B. mit einer Rede Lord Northcliffes im Jahre 1922 vergleiche, worin er der Bevölkerung Australiens Gleichgültigkeit gegenüber ihrem eigenen Sicherheitsschutz vorgeworfen hatte. Die Bevölkerungspläne, die hinter diesem Krieg stünden, erforderten zweifellos Aufgaben, die in den nächsten Jahrzehnten auf sie zukämen. Große Teile Europas seien übervölkert, andererseits gebe es große Gebiete in der Welt, deren Klimate durchaus für Europäer geeignet seien. Zu gegebener Zeit werden Ausgleiche durch kluge und menschliche Behandlung der Einwanderungsgesetze geschaffen werden müssen. Wenn die Vereinten Nationen nicht nur Krieg führen, um Deutschland und Japan zu schlagen, sondern um gleichzeitig eine neue Welt aufzubauen, die der menschlichen Vernunft besser entspricht, dann wird der Gedanke mehr und mehr Boden gewinnen, dass die Erde unser aller Heimat und Aufgabe ist. J. habe den Vorteil, amerikanischer Bürger zu sein; aber auch er habe in diesem Lande Wurzeln geschlagen, er sei vielfach hoch geehrt worden, und glaube das Recht zur freien Rede zu haben. J. habe ihn der Unbescheidenheit beschuldigt. Wenn J. in aller Ruhe überdenke, was er getan hat, so sei es ein Akt der Unbescheidenheit gewesen, diesen Brief zu schreiben.

Erwähnungen

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