Thomas Mann an Erich Koch-Weser

Zeitraum
Donnerstag, 30. März 1944
Datierung
30.3.1944
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Dankt für zwei lange, gehaltvolle Briefe. War besonders erfreut, »von dem einstigen hervorstechend intelligenten Vereinsbruder, dessen Laufbahn dann meinen Erwartungen so vollkommen entsprach, wieder zu hören«. Besonders interessierten ihn K.-W.s Aussagen über Deutschland und die deutsche Frage. Damit beschäftige er sich ständig. Berichtet von seinen monatlichen Radioansprachen, worin er immer wieder den Gedanken variiere, den er im »Brief nach Bonn« ausgedrückt habe, Deutschland möge Frieden mit der Welt und mit sich selbst machen. Dabei weiche er der Frage ›What to do with Germany?‹ aus. Die Lösung stehe allein den siegreichen Befreiern zu. Äußert sich ausführlich über die ungeheure Schuld des gegenwärtigen deutschen Regimes und distanziert sich von den Wehklagen mancher »Emigrations-Patrioten« über mögliche Maßnahmen der Siegermächte. »Warum haben wir Deutschland verlassen? Weil wir wußten, daß Hitler den Krieg bedeutete und dass er Deutschland in Chaos und Ruin, in die Katastrophe führte. Nun denn, da ist sie, die Katastrophe. Wir haben sie vorausgesehen, und auch das deutsche Volk hätte sie voraussehen müssen. Geschieht ihm Böses, so kann man nur fragen: Was hat es sich denn gedacht? Daß für einen Excess, einen Rausch des Kalibers, wie der, den es sich geleistet hat, nicht irgendwie bezahlt werden muß? Die Politik ist eine Fresko-Welt, in der es drastisch zugeht, und in der Fehler und Irrtümer drastische, vielleicht unverhältnismäßig drastische Folgen haben . Mir geht das nicht so nahe. Es war immer ein eigentümliches halb peinvolles, halb ehrenvolles Mißgeschick, ein Deutscher zu sein. Und so wird es bleiben.« – Zu K.-W.s Buchmanuskript: Bei einem Besuch hat er Alfred A. Knopf davon erzählt und ihn dafür interessiert. K.-W. möge das Manuskript umgehend an Knopf schicken. Für eine deutsche Ausgabe käme der Verlag Bermann Fischer in Frage, der jetzt finanzielle Hilfe durch den Verlag Bonnier erhalten habe [s. Brief an Mrs. Lothar Frank vom 9.3.1944 / Reg. 44/92].

Erwähnungen

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