Thomas Mann an Catherine M. Bowker
- Zeitraum
- Dienstag, 30. Mai 1944
- Datierung
- 30.5.1944
- Empfänger:in
- Ort
Zusammenfassung
Erhielt B.s Schreiben durch Edward Weeks von ›Atlantic Monthly‹. Manche ihrer Bemerkungen über ihn [aufgrund seines Artikels ›What is German?‹] erscheinen ihm etwas seltsam. Fühlt sich in USA zu Hause; sei Dr. h. c. von sechs der größten amerikanischen Universitäten, sei Mitarbeiter der ›Library of Congress‹ in Washington, Mitglied der ›American Academy of Arts and Letters‹. Zwei seiner Söhne dienten in der amerikanischen Armee, seine vier Enkel seien in den USA geboren, er selbst sei jetzt Amerikaner. Glaubt, wirklich als Amerikaner reden zu können. Sein Artikel habe sich mit dem deutschen Problem befaßt. Hat Deutschland nicht reinwaschen wollen, aber habe einiges vom deutschen Schicksal und Charakter aufzeigen wollen. Habe auch von den mutigen Völkern Europas gesprochen, die Hitler Widerstand leisteten und die Bewunderung verdienen. Werde nicht »pull my hair« bei den Maßnahmen der Staatsmänner der Vereinten Nationen, um Deutschland als Anstifter einer neuen Weltkatastrophe auszuschalten. Ein Friede, der die völlige Zerstörung Deutschlands bezwecke, scheine ihm aber nicht weise zu sein. B.’s Erregung verstehe er nicht, er hoffe aber mit ihr auf den baldigen und völligen Sieg Amerikas und seiner Verbündeten.
