Thomas Mann an Joseph Publitzer, ›St. Louis Post Dispatch‹, St. Louis, Miss.

Zeitraum
Mittwoch, 8. August 1945
Datierung
8.8.1945
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Hat P.’s Leitartikel über die Bestrafung der deutschen Kriegsverbrecher gelesen und stimmt dessen Meinung zu. Auch er habe den Eindruck, dass die amerikanische öffentliche Meinung ein schnelles Verfahren für wünschenswert hält, sie ohne Zögern und Haarspaltereien vor ein Gericht zu bringen. Es sei beklagenswert, dass das deutsche Volk sich nicht erhoben und selbst befreit habe. Immer wieder habe er in seinen Rundfunksendungen erklärt, dass eine moralische Reinigung nur von innen kommen könne, von außen nur Rache und Strafe. Wirft den demokratischen Ländern vor, dass sie bis zum Krieg den Anführern Hitler, Göring, v. Ribbentrop und den Großindustriellen geholfen hätten, das Regime zu festigen. Es sei nicht ratsam, diesen Kriegsverbrechern einen fairen Prozeß mit forensischen Prozeduren, Verteidigern usw. zu machen. Das Verfahren solle feierlich, aber sehr einfach sein. Es genüge, in einer Sprache, die das Gewissen der Menschheit aufrütteln müsse, die schreckliche Liste der Nazi-Verbrechen zu verlesen und die Todesstrafe zu verkünden. Er würde auch diejenigen zur Verantwortung ziehen, die Hitler in den Sattel halfen, die Industriemagnaten, die intellektuellen Kreise, die Geopolitiker, die Kriegsgeographen, die Rasseprofessoren, die Richter, die Ärzte, die Insassen der Konzentrationslager viviseziert hätten, die Journalisten der Nazi-Presse. Die Prozesse sollten nicht als eine »banale Machtdarstellung« geführt werden, sondern als die würdige Anklage an den Welt-Faschismus, der durchaus nicht geschlagen und von dem kein Land frei sei.

Erwähnungen

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