Thomas Mann an Félix Bertaux

Zeitraum
Dienstag, 19. Februar 1946
Datierung
19.2.1946
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Bedauert, nicht früher geschrieben zu haben: seine Korrespondenz habe sich aber seit der Wiedereröffnung Europas mehr als verdoppelt und wachse ihm über den Kopf. Erzählt von Golo, der aus dem Militärdienst ausgeschieden, aber noch in Deutschland tätig ist. Er sollte nach seines Vaters Wunsch wieder in die USA zurückkehren und seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen. Auch Erika und Klaus befinden sich noch in Europa. – Hat den schon durch einen Brüsseler Agenten vorgeschlagenen und in ihm wachgerufenen Plan einer Vortragsreise nach Europa aufgegeben, da sie ohne einen Besuch Deutschlands undenkbar sei, wenn er nicht endgültig mit dem Land seines Ursprunges brechen wolle. Aber seine »schonende Weigerung«, auf Walter v. Molos Einladung nach Deutschland zurückzukehren, habe das Mißfallen seiner deutschen Kollegen hervorgerufen, die 1933 im Grunde froh waren, ihn los zu sein. Die sogenannte deutsche Innere Emigration sei »eine schreckliche Gesellschaft«, die alle irgendwie »mitgetan, profitiert, sich verunreinigt« hätten und jetzt die Helden spielten. Ebenso habe ihn Jean Schlumbergers Artikel mit seiner Anspielung auf »meine politische Vergangenheit« sehr befremdet. – Wirft sich vor, angesichts der Weltlage im ganzen und im besonderen so viel von sich zu reden, statt an die Notlage Europas zu denken. Die Verhältnisse in Italien und Frankreich seien stellenweise schlimmer als in Deutschland, und selbst in Amerika gebe es viel Verwirrung, Mangel in der Versorgung und in der Behandlung der Bevölkerung. Es drohe ein neuer Isolationismus einzureißen, so dass man Präsident Trumans Mahnungen, Opfer zu bringen, um das notleidende Europa besser zu versorgen, unterstützen müsse.

Erwähnungen

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