Thomas Mann an Friederike von Unruh

Zeitraum
Dienstag, 8. Oktober 1946
Datierung
8.10.1946
Empfänger:in
Ort

Zusammenfassung

Ist ihr sehr dankbar, dass sie ihm geschrieben habe. Hatte keine Ahnung, dass ihr Mann an den »herzlich sympathievollen Gefühlen« zweifelt, die er ihm entgegenbringt, dass die kameradschaftlichen Beziehungen, die in Deutschland zwischen ihnen bestanden, in Amerika »verwelkt« sein sollen. Jeder habe heute seine Mühe und Not – vielleicht fehle es oft an der überschüssigen Kraft, solche Beziehungen ausdrücklich zu pflegen. Verwahrt sich gegen Fritz von Unruhs Vorwurf, er hätte dessen Briefe nicht beantwortet. »Unmöglicher Gedanke! Ich, dem die Seinen immer übertriebene Gewissenhaftigkeit in der Betreuung seiner Korrespondenz zum Vorwurf machen, sollte geschwiegen haben..., wenn er mich anredete!« Gibt zu, er hätte auch bei gewissen Gelegenheiten spontan schreiben sollen, wie bei der »vorbildlichen Erwiderung an die Preußische Akademie der Künste« oder bei U.’s Rede in New York in deutscher Sprache, die gewaltigen Eindruck gemacht habe. – Freilich genieße U. nicht die Ehren, den Widerhall, die ihm zukämen. Dabei denke er auch an seinen Bruder Heinrich, »den niemand kennt, und der in Dürftigkeit lebt«; oder an Alfred Döblin, der voll Verbitterung und in Haß auf die schielt, von denen er glaubt, sie seien ihm im Licht gestanden. Er sei froh, dass sein »Glück« nichts Provozierendes habe, dass er nicht »Geld scheffle« wie Franz Werfel oder Lion Feuchtwanger, »sondern mir mit meiner Schreiberei nur gerade eine anständige Unabhängigkeit bewahre«. – Es sei schwer, einem Amerikaner die Bedeutung U.’s für Deutschland klarzumachen; es gebe auch kaum eine Gelegenheit, es zu tun. Empfindet es als einen großen Mangel, dass in einer Anthologie ›The Heart of Europe‹ U.’s Name fehle. – Schließt den Brief mit dem Hinweis, dass er wegen seiner Krankheit seine Arbeit lange habe unterbrechen müssen. »Ein Musiker-Roman, unheimlich deutsch, der mir viel stille Freude und auch unendliche Sorge macht, steht im letzten Viertel.«

Erwähnungen

Hinweis: der Eintrag befindet sich in Prüfung. Haben Sie Korrekturen oder Ergänzungsvorschläge?