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Thomas Mann an Heinrich Mann

Mittwoch, 24. Oktober 1900
Gratuliert seinem Bruder zur 2. Auflage von ›Im Schlaraffenland‹. Auch er sei in diesen Tagen ein wenig berühmt geworden, aber nicht so arg. »Piepsam« habe »allseitige Erschütterung hervorgerufen«, er habe Lobschreiben und Bekanntschaftsanträge in Händen. – Berichtet von seiner Erkrankung: nach 8 Tagen revierkrank, sei er ins Lazarett gekommen, wo sein rechter Fuß, ein Plattfuß, mit einem Druckverband behandelt werden soll. Ist in der Kaserne gut versorgt, Grautoff spielt den »Liebesboten«, der ihn mit Lektüre versorgt: studiert seinen Savonarola, »als ob ich zu Hause wäre«. Ist neugierig, wie sich die Angelegenheit weiterentwickeln wird: der Staat fürchtet, wegen des bei der Musterung übersehenen Fehlers am Fuß Schadensersatz zahlen zu müssen. – Lässt Arthur Holitscher grüßen, der ihm den ›Vergifteten Brunnen‹ geschenkt hat; beauftragte ihn, die Nummer des ›Simplicissimus‹ mit dem ›Weg zum Friedhof‹ an S. Fischer zu schicken und um Nachricht über die ›Buddenbrooks‹ zu bitten. Ist des literarischen Erfolges des Romans sicher, wenn auch der buchhändlerische »gleich Null« sein werde. Die Mutter habe ihm aber Weisung gegeben, 1000 Mark zu verlangen.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Freitag, 2. November 1900
Berichtet über seinen Gesundheitszustand, der sich nicht gebessert habe; er hoffe, bis Weihnachten aus dem Wehrdienst entlassen zu werden. – Es stimmt ihn wehmütig, wenn sein Bruder über sein Verhältnis zum Publikum und zum Erfolg schreibt, dass der Durchschnittsleser den Hauptreiz bei der Lektüre des ›Schlaraffenlands‹ im Erotischen statt im Satirischen und Sozialkritischen findet. – Für ihn begännen die Hauptsorgen mit den ›Buddenbrooks‹ erst jetzt. S. Fischer schlägt vor, nachdem er die erste Hälfte gelesen habe, das Buch auf die Hälfte zusammenzustreichen. »Über dieses Bubenstück von einer Zumuthung« sei Fischer selbst erschrocken, dass er es »ungeheuerlich nennt und beinahe um Verzeihung bittet«. Der Roman habe über 1000 Seiten, müsse in zwei Bänden erscheinen, würde 8 bis 10 Mark kosten und sei damit unverkäuflich. Er klammere sich daran, dass der Roman so erscheine, wie er ist, denn abgesehen von künstlerischen Gründen habe er einfach die Kraft nicht mehr, noch einmal die Feder daranzusetzen. »In meinem ausführlichen Antwortschreiben an Fischer habe ich mich auch entschieden geweigert, das Buch zusammenzustreichen, mich aber im Übrigen sehr nachgiebig und resigniert gezeigt. Ich bin, wie die Dinge liegen, bereit, jeden Contract zu unterschreiben, der auch nur den Anschein wahrt, alsob ich die Arbeit dreier Jahre nicht verschenkte. Er soll einen componieren, der ihn einigermaßen sicher stellt, der die Honorierung beschränkt, bedingt, verschiebt, der z.B. bestimmt, daß mir ein eventueller Verlust seinerseits von späteren Honoraren abgezogen werden soll. Aber er soll das Buch bringen, wie es ist. Zwischen langwierig und langweilig ist doch noch ein Unterschied!« Und dann habe er ihm gesagt, dass der Roman ja keineswegs das letzte Buch sei, das er ihm geben werde, und dass schließlich Alles darauf ankomme, ob er – auch als Kaufmann – ein bisschen an sein Talent glaube. Nun müsse er abwarten, was Fischer schreibt, wenn er den ganzen Roman gelesen hat. Es sei »schwierig, schwierig« und hindere ihn am Schreiben. – Einigt sich mit seinem Bruder darüber, dass ihnen die Mutter Fünftel-Teile der Zinsen auszahlen solle und nicht Sechstel.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Sonntag, 25. November 1900
Berichtet ausführlich über seine Fußerkrankung und die Aufenthalte in Lazarett und Revier. Glaubt durch Einschaltung von Hofrat May zum Jahresende vom Militärdienst freigestellt zu werden. – Kann mit Schaukals Büchern, die dieser ihm anlässlich seiner Bekanntschaft mit dem ›Weg zum Friedhof‹ zuschickte, wenig anfangen. Sein »Tolstoyismus« lasse ihn beinahe schon »Reim und Rhythmus als ruchlos empfinden«. – Die Arbeit am ›König von Florenz‹ ruht.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Montag, 17. Dezember 1900
Ist durch Vermittlung des Arztes der Mutter militärdienstuntauglich erklärt worden. – Glaubt im Februar/März nach Florenz reisen zu können. – Erkundigt sich nach dem neuen Roman des Bruders. – Weiß noch nichts über das Schicksal der ›Buddenbrooks‹. – Über die Konzeption von ›Fiorenza‹.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Samstag, 29. Dezember 1900
Dankt für Weihnachtsgeschenke. – Wurde endgültig als zur Zeit dienstuntauglich zur Disposition der Ersatzbehörde gestellt. – Hofft, die Reise nach Florenz trotz hoher Steuerzahlungen finanzieren zu können. – Arbeitet an einer neuen Novelle »bitterwehmütigen Charakters« [›Tonio Kröger‹]. – Besuchte in der Münchner Secession eine Kopien-Ausstellung nach florentinischen Bildhauern. – Erwartet einen Prozess wegen eines boshaften Briefes, den er an seinen früheren Vormund Tesdorpf geschrieben hat.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Dienstag, 8. Januar 1901
Will sich mit ihm zum April in Florenz verabreden. – Arbeitet an einer Novelle [›Tonio Kröger‹] und bereitet den Stoff für ›Fiorenza‹ vor. – Über Heinrich M.s Roman ›Im Schlaraffenland‹. – Erfährt von S. Fischer nichts über seinen Roman, wagt aber auch nicht, ihn zu mahnen.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Montag, 21. Januar 1901
›Der Weg zum Friedhof‹ ist bei einer öffentlichen Lesung besonders beifällig aufgenommen worden. Erwägt, zum Verlag Albert Langen überzugehen, mahnt S. Fischer, eine Entscheidung bezüglich der ›Buddenbrooks‹ zu treffen.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Freitag, 25. Januar 1901
Ist ihm in mehreren literarischen Angelegenheiten gefällig; will am 15. März abreisen und ihn in Florenz, eventuell später in Venedig, treffen. Möchte auf der Hinreise Ferrara und Bologna sehen.

Thomas Mann an Heinrich Mann

Mittwoch, 13. Februar 1901
Berichtet von seinen Erlebnissen in diesem Winter, reflektiert über das Wesen der Kunst. – S. Fischer hat das Erscheinen der ›Buddenbrooks‹ zugesagt und will vorher noch einen zweiten Novellenband von ihm im Frühjahr herausbringen.